Architekturen aus Nanodraht steigern Leistung von Computern
Piazza, Wissenschaftler am EPFL-Labor für Halbleitermaterialien, untersucht Halbleiter im Nanobereich. Sein Schwerpunkt sind Nanodrähte oder Nanostrukturen aus Halbleitermaterialien, und sein Ziel ist es, Transistoren über ihren Sättigungspunkt hinaus zu bringen. Denn Transistoren sind allgegenwärtig – in Autos, Ampeln und sogar Kaffeemaschinen –, aber ihre Miniaturisierungskapazität stösst an eine Grenze, da die bestehenden Designs nahezu gesättigt sind. «Die grössten Herausforderungen, denen wir uns bei der Verarbeitungsleistung stellen müssen, betreffen die Überwindung des Sättigungspunkts von Transistoren, was wir mit Nanodrähten und anderen Arten von Nanostrukturen erreichen können», sagt Piazza, Gewinner des Piaget Scientific Award 2020.
Valerio Piazza charakterisiert Nanodrähte zur Optimierung ihrer elektrischen Eigenschaften © 2021 EPFL Alain Herzog
Ein Grossteil der jüngsten Verbesserungen bei der Verarbeitungsleistung ist auf die Fortschritte bei den Mikrofertigungsverfahren zurückzuführen. Diese Methoden haben es den Ingenieurfachleuten ermöglicht, kompakte und dennoch hochentwickelte elektronische Geräte wie Smartphones und Smartwatches zu entwickeln. Durch die Verkleinerung der Transistoren können die Ingenieurfachleute mehr auf einer Schaltung unterbringen, was zu einer grösseren Verarbeitungsleistung auf einer bestimmten Fläche führt. Das bedeutet aber auch, dass es eine Grenze gibt, wie klein Prozessoren aufgrund der Grösse ihrer Transistoren werden können. Zumindest gilt dies für die aktuelle Generation der Verarbeitungstechnologie. Piazzas Arbeit zielt darauf ab, dieses Hindernis durch die Entwicklung neuartiger Transistoren auf der Basis von Nanodrähten für die nächste Generation von Quantencomputern zu überwinden.
Heutige Computer bestehen aus elektronischen Komponenten und integrierten Schaltkreisen wie z. B. Computerchips. Jedes Bit entspricht einer elektrischen Ladung, die anzeigt, ob Strom durch einen Draht fliesst oder nicht (d. h. «an» oder «aus»). Quantencomputer hingegen sind nicht auf zwei Zustände beschränkt, sondern können eine unendliche Anzahl von Zuständen annehmen. Das grundlegende Element des Quantencomputers ist das Qubit, die kleinste Einheit des Speichers. Und genau auf dieser Submikron-Ebene betreibt Piazza seine Forschung.
Nanodrähte bestehen aus den Gruppen 3 und 5 der Atome im Periodensystem © 2021 EPFL Alain Herzog
Piazzas horizontale Nanodrähte – sie können auch vertikal sein – bestehen aus Atomen der Gruppen III und V des Periodensystems: Gallium, Aluminium, Indium, Stickstoff, Phosphor und Arsen. «Jeder Schritt unserer Entwicklungsarbeit bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Zunächst müssen wir das Substrat nanostrukturieren und das Material herstellen – hier besteht die Herausforderung darin, die Qualität unserer Kristalle zu verbessern. Dann müssen wir unsere Nanodrähte charakterisieren, um ihre elektrischen Eigenschaften zu verbessern», sagt er.
Ein komplexes Netzwerk aus Nanodrähten © 2021 EPFL Alain Herzog
Prozessortransistoren sind derzeit etwa 10 nm gross. Piazzas (horizontale) Nanodrähte haben die gleiche Grösse, sollten aber je nach Kristallqualität eine bessere elektrische Leistung bieten. Bei seiner Methode werden die Nanoleiter auf Substratoberflächen geätzt, um verschiedene Muster zu erzeugen, mit denen er verschiedene Strukturen zur Leistungssteigerung testen kann: «Nehmen Sie als Beispiel die Autobahnen einer Stadt. Wenn es nur eine Strasse gibt, kann man nur von Punkt A nach Punkt B gelangen. Wenn es aber viele Ausfahrten und Seitenstrassen gibt, kann man in verschiedene Stadtteile fahren und noch weiter kommen», sagt Piazza. Mit anderen Worten, er schafft ein Netzwerk. In den nächsten Monaten wird er sich darauf konzentrieren, Faktoren zu ermitteln, die das Verfahren verbessern könnten.
Yves Bellouard, Robert Giezendanner, Valerio Piazza, Anna Fontcuberta-morral und Michael Themans © 2021 Piaget SA
Der von Piaget gesponserte Piaget Scientific Award ist ein renommierter Preis, den die EPFL jedes Jahr vergibt, um bahnbrechende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Miniaturisierung und Mikrotechnik zu fördern. Der Preis ist mit einem Preisgeld verbunden, das dem Gewinner ermöglicht, ein Jahr lang in einem EPFL-Labor zu forschen. Der Preis richtet sich an herausragende junge Doktorandinnen und Doktoranden, die das Potenzial haben, Pionierarbeit auf diesem Gebiet zu leisten.