Stadtplanung an extremeres Wetter anpassen
Die Schweiz ist anfällig für extreme Wetterereignisse, die durch den Klimawandel verursacht werden – jetzt und in Zukunft. MeteoSchweiz warnt, dass die Temperaturen im Winter um 1,8 bis 3,3 °C und im Sommer um 2,3 bis 4,4 °C steigen könnten, wenn die Treibhausgasemissionen bis 2050 nicht sinken. In den Gebirgsregionen ist mit einem stärkeren Temperaturanstieg zu rechnen als in anderen Gebieten.
Die Niederschläge könnten in einem durchschnittlichen Sommer im ganzen Land um 20 % zurückgehen, was zu langen Dürreperioden führen könnte, wie wir sie in diesem Sommer erlebt haben. Im Winter könnten die Niederschläge um 25 % zunehmen, doch wird der Schnee immer seltener werden.
Resilienz und Wohlbefinden
Wie können Schweizer Städte mit starker industrieller Vergangenheit, undurchlässigen Flächen und wenig öffentlichem Raum rechtzeitig umgestaltet werden, damit sie auf Dürren und Starkregen vorbereitet sind? Welche Rolle können Architekturfachleute bei der Raumplanung und der Risikoprävention spielen – Bereiche, die bisher hauptsächlich von Bauingenieurinnen und Bauingenieuren bearbeitet wurden? Für seine Masterarbeit wählte Lalancette zwei Standorte aus, die beide in der Ebene liegen und an denen diese Herausforderungen angegangen werden können. Anhand dieser Orte will er zeigen, wie städtische Gebiete durch die Kombination der verschiedenen Elemente, die das Land zu bieten hat, lebenswerter gestaltet werden können.
Die beiden Standorte von Lalancette befinden sich im Oberwallis: einer in Brig und der andere auf einem ehemaligen Lonza-Deponiegelände. Seine Vorschläge zielen darauf ab, diese Gebiete widerstandsfähiger und besser für extreme Wetterereignisse geeignet zu machen und gleichzeitig den öffentlichen Raum und das Wohlbefinden der dort lebenden Menschen zu verbessern. Lalancette sprach während seiner ersten Recherchen mit mehreren Fachleuten – darunter Tony Arborino, dem Ingenieur, der für die dritte Flusslaufkorrektur der Rhône verantwortlich ist, und den Projektverantwortlichen der Agglomeration Brig-Visp-Naters – um den Kontext, in dem seine Ideen umgesetzt werden sollen, besser zu verstehen.
Drei Änderungen in Brig
In Brig schlägt Lalancette zunächst vor, den Boden durchlässiger für Regenwasser zu machen, indem er entlang einer Bahnstrecke, auf die die Züge umgeleitet werden, einen sogenannten «Bioswale» baut. Auf diese Weise entstünde ein Abflussbereich, in dem das Wasser gesammelt und in den Boden und den Grundwasserspiegel zurückgesickert werden könnte. Ausserdem schlägt er vor, einen Parkplatz mit Bäumen zu bepflanzen und den Boden mit Kies zu bedecken, ebenfalls mit dem Ziel, starke Regenfälle aufzufangen. In einer zweiten Phase empfiehlt er, benachbarte, teilweise leer stehende Gebäude in Gemeinschaftsräume umzuwandeln.
Lalancette zufolge könnte ein Teil des Stadtzentrums in einen ökologischen Korridor umgewandelt werden, der die Stadt besser mit den landwirtschaftlichen Flächen verbindet. Er weist darauf hin, dass die Einrichtung von Permakulturzonen und Bäumen den Hitzeinsel-Effekt eindämmen und den Stadtbewohnerinnen bei heissem Wetter einen Rückzugsort bieten würde. Für ein Wohngebiet im Süden der Stadt empfiehlt Lalancette, den Asphalt durch ein absorbierendes Material zu ersetzen und mehrere Begegnungszonen zu schaffen, die die Bewohner dazu anregen, sich zu treffen.
Ökologische und fussläufige Verbindungen
Wie wäre es, wenn einer der am stärksten kontaminierten Standorte der Schweiz in eine Oase der Biodiversität verwandelt würde? Mit dieser Idee im Hinterkopf skizzierte Lalancette mögliche Sanierungspläne für eine ehemalige Mülldeponie in Gamsenried. Das 290 000 m2 grosse Areal zwischen Visp und Brig wird derzeit von der Lonza in einem jahrzehntelangen Prozess saniert.
Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten schlägt Lalancette vor, eine Reihe hitzebeständiger Baumarten zu pflanzen und Fussgänger- und Velowege anzulegen, um die Menschen zu ermutigen, zwischen Visp und Brig mit dem Velo zu fahren. «Meine Ideen sind noch hypothetisch, da das Gelände hier sehr kompliziert ist», sagt Lalancette, ein Quebecer, der sich in die Alpen verliebt hat. «Aber meine Vorschläge zeigen, dass Verbesserungen möglich sind. Ich hoffe, dass ich ein Gespräch in Gang bringe.»
Skigebiete werden zu Wäldern
Seine Vorschläge würden voraussetzen, dass zuvor umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Und er warnt davor, dass dies die Vorstellung in Frage stellen könnte, dass die Identität einer Region direkt mit ihrem Land verbunden ist: «Der Klimawandel wird uns dazu zwingen, einen Teil der in unseren Regionen bereits vorhandenen Infrastruktur neu zu nutzen», sagt er.
Konkret: Um den Wasserfluss zu verlangsamen und die Bodenerosion zu verhindern, müssen Stadtplaner möglicherweise Bäume am Fusse stillgelegter Skipisten pflanzen, Flussbetten renaturieren und in Zeiten der Dürre das Wasser von Staudämmen für andere Zwecke als Stromerzeugung nutzen. «Das sind in unserer Branche keine kontroversen Ideen, auch wenn sie wie grosse Veränderungen erscheinen, die viele Menschen betreffen», sagt Lalancette.