Wasser-aktivierte Papierbatterie unter den weltbesten Erfindungen
Die Auszeichnung verlieh «TIME» dem Empa-Team in der Kategorie «Experimental» – einer von mehr als 20 Bereichen, in denen die wichtigsten Erfindungen des Jahres gesucht und ausgezeichnet werden, von künstlicher Intelligenz über neue Apps und Elektronik bis hin zu Fitness, Ernährung und Unterhaltung. Um die jeweils besten Ideen zu küren, bewertet die Jury die Erfindungen nach Originalität, Kreativität, Effizienz, Auswirkung und weiteren Kriterien.
Neben der Erfindung aus dem Empa-Labor zeichnete die renommierte Zeitschrift in diesem Jahr unter anderem eine künstliche Intelligenz, die das Leben kartiert, Diamanten, die aus überschüssigem Kohlenstoff in der Luft hergestellt werden, und das leistungsstärkste Teleskop aller Zeiten aus. Wie kreativ der menschliche Erfindergeist ist, zeigt auch die Tatsache, dass in diesem Jahr erstmals nicht 100, sondern 200 Erfindungen aus aller Welt ausgezeichnet wurden.
Einfache Idee mit komplexer Technologie
Die Batterie, die von Empa-Forscher Gustav Nyström und seinem Team entwickelt wurde, besteht aus mindestens einer, rund einen Quadratzentimeter grossen elektrochemischen Zelle: Drei verschiedene Tinten sind auf einen rechteckigen Papierstreifen aufgedruckt. Salz, in diesem Fall einfach Natriumchlorid oder Kochsalz, ist im gesamten Papierstreifen verteilt, und eines der beiden kürzeren Enden des Streifens wurde in Wachs getaucht.
Auf eine Seite des Papiers wird eine Tinte gedruckt, die Graphitflocken enthält und als positiver Pol der Batterie – als Kathode – fungiert; auf der Rückseite wird eine zweite Tinte gedruckt, die Zinkpulver enthält und als negativer Pol der Batterie – als Anode – fungiert. Eine dritte Tinte, die Graphitflocken und Russ enthält, wird auf beiden Seiten des Papiers über den beiden anderen Tinten aufgedruckt. Diese bildet die Stromkollektoren, die die beiden Pole der Batterie mit zwei Drähten verbinden, die sich am in Wachs getauchten Ende des Papierstreifens befinden.
Wasser als Auslöser der Funktion
Das Resultat dieser «Bauweise»: Fügt man eine kleine Menge Wasser hinzu, dann löst sich das im Papier enthaltene Salz auf, geladene Ionen werden freigesetzt, und der Elektrolyt wird ionisch leitfähig. Dieser Schritt aktiviert die Batterie: Die Ionen verteilen sich im Papier, was dazu führt, dass das Zink an der Anode oxidiert wird und Elektronen freisetzt.
Durch Schliessen des (externen) Stromkreises können diese Elektronen dann von der zinkhaltigen Anode – über die graphit- und russhaltige Tinte und die Drähte – zur Graphitkathode fliessen, wo sie auf den Sauerstoff aus der Umgebungsluft übertragen werden und diesen dadurch reduzieren. Durch diese beiden «Redoxreaktionen» (eine Reduktion und eine Oxidation) wird ein elektrischer Strom erzeugt, der zum Betreiben eines elektrischen Geräts verwendet werden kann.
«Proof of Concept» mit einem Wecker
Um die Funktionsfähigkeit ihrer Batterie zum Betrieb von Elektronik mit einem geringen Stromverbrauch zu demonstrieren, kombinierte Nyströms Team zwei identische Zellen – dadurch erhöht sich die Betriebsspannung der Batterie – und betrieb damit einen Wecker mit Flüssigkristallanzeige. Als die Forschenden die Leistung einer (einzelligen) Batterie analysierten, zeigte sich, dass die Batterie nach der Zugabe von zwei Tropfen Wasser innert 20 Sekunden aktiviert wurde und eine stabile Spannung von 1,2 Volt erreichte. Zum Vergleich: Die Spannung einer normalen AA-Alkalibatterie beträgt 1,5 Volt.
Nach einer Stunde nahm die Leistung der einzelligen Batterie deutlich ab, da das Papier austrocknete. Gaben die Forschenden jedoch zwei weitere Tropfen Wasser hinzu, dann behielt die Batterie eine stabile Betriebsspannung von 0,5 Volt für mehr als eine weitere Stunde aufrecht.
Das Besondere an der neuen Batterie: Dadurch, dass sowohl Papier als auch Zink und die anderen Komponenten biologisch abbaubar sind, könnten sich so die Umweltauswirkungen von Wegwerf-Elektronik mit geringem Stromverbrauch deutlich minimieren lassen. Ein erheblicher Schritt in Richtung «grüner» Elektronik!
Zum zweiten Mal auf der «TIME»-Liste
Die diesjährige Auszeichnung von «TIME» ist indes nicht die erste «Erfindung» aus den Empa-Labors, die es auf die illustre Liste geschafft hat; bereits 2009 wurde eine Empa-Entwicklung – ebenfalls aus dem «Cellulose & Wood Materials Laboratory» – unter die (damals noch) 50 besten Erfindungen des Jahres gewählt – die Biotech-Geige von Francis Schwarze und seinem Team.