Robotik und Rückenmarkstimulation gegen Lähmungen

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von .Neurorestore (EPFL/CHUV/UNIL) haben einen Ansatz entwickelt, der Rehabilitationsrobotik mit Rückenmarkstimulation kombiniert, um die Bewegungsfähigkeit von Menschen mit Rückenmarksverletzungen wiederherzustellen. Die Technologie verbessert die Rehabilitation und ermöglicht Aktivitäten wie Radfahren und Gehen im Freien.
Gemeinsame robotische Geräte zur sicheren Automatisierung und Unterstützung der Gangrehabilitation. © .NeuroRestore/EPFL/CHUV 2025

Rückenmarksverletzungen sind lebensverändernd und führen oft zu schweren Mobilitätseinschränkungen bei den Betroffenen. Rehabilitationsroboter – Geräte, die Bewegungen während der Therapie anleiten – haben zwar das Training für Menschen mit Rückenmarksverletzungen verbessert, ihre Wirksamkeit ist jedoch nach wie vor begrenzt. Ohne aktiven Muskeleinsatz kann das Nervensystem durch robotergestützte Bewegungen allein nicht ausreichend umtrainiert werden.

Ein Team von.NeuroRestore unter der Leitung von Grégoire Courtine und Jocelyne Bloch hat nun ein System entwickelt, das eine implantierte Rückenmarksneuroprothese nahtlos in die Rehabilitationsrobotik integriert. Das Gerät der Forschenden gibt zeitlich genau abgestimmte elektrische Impulse ab, um die Muskeln im Einklang mit den Roboterbewegungen zu stimulieren, was zu einer natürlichen und koordinierten Muskelaktivität während der Therapie führt. Die Innovation in der Neuroprothetik stützt sich auf das Robotik-Know-how des Labors von Professor Auke Ijspeert an der EPFL. Dieser Fortschritt verbessert nicht nur die unmittelbare Mobilität, sondern fördert auch die langfristige Genesung.

«Die nahtlose Integration der Rückenmarkstimulation in die Rehabilitations- oder Freizeitrobotik wird den Einsatz dieser Therapie in der Standardversorgung und in der Gemeinschaft von Menschen mit Rückenmarksverletzungen beschleunigen», sagt Courtine. Diese Anpassungsfähigkeit stellt sicher, dass Rehabilitationsfachleute diese Technologie weltweit in bestehende Rehabilitationsprotokolle einbinden können. Die Kombination von Therapien stellt auch eine große Herausforderung dar, da jede einzelne eine präzise Synchronisation erfordert. Die Strategien der Rückenmarkstimulation müssen sowohl räumlich als auch zeitlich moduliert werden, um sich den Bewegungen des Patienten anzupassen, und ihre Integration in die weit verbreiteten Roboter-Rehabilitations-Systeme erfordert einen flexiblen und anpassungsfähigen Rahmen.

«Die nahtlose Integration der Rückenmarkstimulation in die Rehabilitations- oder Freizeitrobotik wird die Einführung dieser Therapie in die Standardversorgung und in die Gemeinschaft der Menschen mit Rückenmarksverletzungen beschleunigen.»      Grégoire Courtine

Die Technologie beruht auf einem vollständig implantierten Rückenmarkstimulator, der eine biomimetische elektrische epidurale Stimulation (elektrische epidurale Stimulation) liefert. Im Gegensatz zur herkömmlichen funktionellen elektrischen Stimulation aktiviert diese Methode die motorischen Neuronen effizienter, indem sie die natürlichen Nervensignale nachahmt.

Die Forschenden integrierten die elektrische epidurale Stimulation in verschiedene robotische Rehabilitationsgeräte – darunter Laufbänder, Exoskelette und stationäre Fahrräder – und stellten so sicher, dass die Stimulation genau mit jeder Bewegungsphase abgestimmt ist. Das System verwendet drahtlose Sensoren, um die Bewegung der Gliedmaßen zu erkennen und die Stimulation automatisch in Echtzeit anzupassen, was eine nahtlose Benutzererfahrung ermöglicht.

In einer Proof-of-Concept-Studie mit fünf Personen mit Rückenmarksverletzungen führte die Kombination aus Robotik und elektrischer epiduraler Stimulation zu einer sofortigen und anhaltenden Muskelaktivierung. Die Teilnehmenden erlangten nicht nur die Fähigkeit zurück, ihre Muskeln während der robotergestützten Therapie zu aktivieren, sondern einige verbesserten auch ihre willkürlichen Bewegungen, selbst nachdem die Stimulation abgeschaltet wurde.

Die Forschenden arbeiteten auch eng mit Rehabilitationszentren zusammen, um zu testen, wie gut sich das Stimulationssystem in die weit verbreiteten Robotergeräte integrieren lässt: «Wir haben mehrere Rehabilitationszentren besucht, um unsere Stimulationstechnologie mit den Robotersystemen zu testen, die sie routinemäßig verwenden, und es war unglaublich bereichernd, ihre Begeisterung zu erleben», so .NeuroRestore-Forscher Nicolas Hankov und BioRob-Forscher Miroslav Caban, die Erstautoren der Studie, sagen: «Aus erster Hand zu sehen, wie nahtlos sich unser Ansatz in bestehende Rehabilitationsprotokolle einfügt, unterstreicht sein Potenzial, die Versorgung von Menschen mit Rückenmarksverletzungen zu verändern, indem es einen technologischen Rahmen bietet, der einfach zu übernehmen und in verschiedenen Rehabilitationsumgebungen einzusetzen ist.»

Die Studie zeigte auch das Potenzial dieses Ansatzes ausserhalb des klinischen Umfelds, da die Teilnehmenden das System zum Gehen mit einem Rollator und zum Radfahren im Freien nutzten, was die Auswirkungen in der Praxis bestätigte.

Diese innovative Technologie bietet neue Hoffnung für Menschen mit Rückenmarksverletzungen, da sie einen effektiveren Rehabilitationsansatz darstellt als die Robotik allein. Indem sie die Rehabilitation dynamischer und ansprechender gestaltet, hat sie das Potenzial, die Genesungsergebnisse deutlich zu verbessern. Künftige klinische Studien werden erforderlich sein, um die langfristigen Vorteile zu ermitteln, aber die ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Integration von Neuroprothetik und Rehabilitationsrobotik die Wiederherstellung der Mobilität nach einer Lähmung neu definieren könnte.

Weitere Informationen

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Liste der Mitwirkenden

  • EPFL Neuro X
  • Universitätsspital Lausanne (CHUV) und Universität Lausanne (UNIL)
  • Defitech Zentrum für Interventionelle Neurotherapien (.NeuroRestore)
  • Biorobotik-Labor der EPFL
  • ONWARD Medizinisch
  • Hochschule für Technik und Architektur Bern
  • VAMED Management und Dienstleistung Schweiz AG
  • ETH Zürich Labor für sensorisch-motorische Systeme
  • Universität Zürich Zentrum für Rückenmarksverletzungen
  • Hocoma AG
  • Medtronic
  • Universität Oxford
  • GBY (Go-by-Yourself) SA
  • Universität Bordeaux Institut des Maladies Neurodégénératives
  • Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)
  • MyoSwiss AG

Finanzierung

  • Schweizerischer Nationalfonds (SNF) (NCCR Robotics)
  • Wings for Life
  • Stiftung Defitech
  • Internationale Stiftung für die Erforschung von Querschnittslähmung
  • Riders4Riders
  • Stiftung Panacée
  • Wohltätige Stiftung der Pictet-Gruppe
  • Firmenich Stiftung
  • Eurostars
  • Medtronic
  • Personalisierte Gesundheit und verwandte Technologien (PHRT)

Referenzen

Nicolas Hankov, Miroslav Caban, Robin Demesmaeker, Margaux Roulet, Salif Komi, Michele Xiloyannis, Anne Gehrig, Camille Varescon, Martina Rebeka Spiess, Serena Maggioni, Chiara Basla, Gleb Koginov, Florian Haufe, Marina D'Ercole, Cathal Harte, Sergio D. Hernandez-Charpak, Aurelie Paley, Manon Tschopp, Natacha Herrmann, Nadine Intering, Edeny Baaklini, Francesco Acquati, Charlotte Jacquet, Anne Watrin, Jimmy Ravier, Frédéric Merlos, Grégoire Eberlé, Katrien Van den Keybus, Hendrik Lambert, Henri Lorach, Rik Buschman, Nicholas Buse, Timothy Denison, Dino De Bon, Jaime E. Duarte, Robert Riener, Auke Ijspeert, Fabien Wagner, Sebastian Tobler, Leonie Asboth, Joachim Von Zitzewitz, Jocelyne Bloch, Grégoire Courtine, Augmenting rehabilitation robotics with spinal cord neuromodulation: a proof of concept, Science Robotics 12 März 2025