Morphing-Roboter nutzt schwieriges Terrain zu seinem Vorteil

Ein an der EPFL entwickelter bioinspirierter Roboter kann seine Form ändern, um seine eigenen physikalischen Eigenschaften als Reaktion auf seine Umgebung zu verändern. Das Ergebnis ist ein robustes und effizientes autonomes Fahrzeug sowie ein neuer Ansatz für die robotische Fortbewegung.
Der morphende Good Over All Terrains (GOAT) Roboter im Kugelmodus © CREATE EPFL

Von Bergziegen, die fast senkrechte Felswände hinauflaufen, bis zu Gürteltieren, die sich zu einem schützenden Ball zusammenrollen, haben sich Tiere so entwickelt, dass sie sich mühelos an Veränderungen in ihrer Umgebung anpassen können. Wird dagegen ein autonomer Roboter so programmiert, dass er ein Ziel erreicht, stellt jede Abweichung von seinem vorbestimmten Weg eine erhebliche physikalische und rechnerische Herausforderung dar.

Die Forschenden um Josie Hughes vom CREATE Lab der EPFL-Fakultät für Ingenieurwesen wollten einen Roboter entwickeln, der sich in verschiedenen Umgebungen so geschickt wie ein Tier bewegen kann, indem er seine Form spontan ändert. Mit GOAT (Good Over All Terrains) haben sie genau das erreicht – und dabei ein neues Paradigma für die Fortbewegung und Steuerung von Robotern geschaffen.

Dank seines flexiblen und doch robusten Designs kann GOAT spontan zwischen einer flachen «Rover»-Form und einer Kugel wechseln, während er sich bewegt. So kann er zwischen Fahren, Rollen und sogar Schwimmen wechseln und verbraucht dabei weniger Energie als ein Roboter mit Gliedmassen oder Anhängseln.

«Während die meisten Roboter den kürzesten Weg von A nach B berechnen, berücksichtigt GOAT nicht nur den Weg, sondern auch die Fortbewegungsart», erklärt Hughes: «Anstatt ein Hindernis wie einen Bach zu umfahren, kann GOAT zum Beispiel direkt hindurchschwimmen. Wenn sein Weg hügelig ist, kann er passiv als Kugel bergab rollen, um Zeit und Energie zu sparen, und dann aktiv als Rover fahren, wenn das Rollen nicht mehr sinnvoll ist.»

«Durch eine Kombination aus aktiver Rekonfiguration und passiver Anpassung könnte die nächste Generation nachgiebiger Roboter sogar die Vielseitigkeit der Natur übertreffen.»      Josie Hughes

Compliance ist der Schlüssel

Bei der Entwicklung des Roboters liess sich das CREATE-Team von Tieren aus dem gesamten Tierreich inspirieren, darunter Spinnen, Kängurus, Kakerlaken und Kraken, und entwickelte ein Design, das sehr nachgiebig ist, d. h. es passt sich an die Interaktion mit seiner Umgebung an, anstatt starr zu bleiben. Diese Nachgiebigkeit bedeutet, dass GOAT seine Form aktiv verändern kann, um seine passiven Eigenschaften zu ändern, die von flexibler in seiner «Rover»-Konfiguration bis hin zu robuster in Form einer Kugel reichen.

Der aus preiswerten Materialien gebaute einfache Rahmen des Roboters besteht aus zwei sich kreuzenden elastischen Glasfaserstäben mit vier motorisierten, felgenlosen Rädern. Zwei von einer Winde angetriebene Kabel verändern die Konfiguration des Rahmens und verkürzen ihn schließlich wie Sehnen, um ihn fest zu einer Kugel zu formen. Die Batterie, der Bordcomputer und die Sensoren befinden sich in einer bis zu 2 kg schweren Nutzlast, die in der Mitte des Rahmens aufgehängt ist, wo sie im Kugelmodus gut geschützt ist – ähnlich wie ein Igel seinen Unterleib schützt.

Der Weg des geringsten Widerstands

Max Polzin, Doktorand im CREATE-Labor, erklärt, dass GOAT dank der Nachgiebigkeit auch mit einem Minimum an Sensorik navigieren kann. GOAT verfügt nur über ein Satellitennavigationssystem und ein Gerät zur Messung der eigenen Orientierung (Inertialmesseinheit) und hat keine Kameras an Bord: Er muss einfach nicht genau wissen, was auf seinem Weg liegt.

«Die meisten Roboter, die in extremem Gelände navigieren, haben viele Sensoren, um den Zustand der einzelnen Motoren zu bestimmen, aber dank seiner Fähigkeit, seine eigene Nachgiebigkeit zu nutzen, braucht GOAT keine komplexe Sensorik. Er kann die Umgebung selbst mit sehr begrenztem Wissen über sie nutzen, um den besten Weg zu finden: den Weg des geringsten Widerstands», sagt Polzin.

Zukünftige Forschungsvorhaben umfassen verbesserte Algorithmen, um die einzigartigen Fähigkeiten von sich wandelnden, nachgiebigen Robotern zu nutzen, sowie die Skalierung des GOAT-Designs, um verschiedene Nutzlasten unterzubringen. Mit Blick auf die Zukunft sehen die Forscher viele potenzielle Anwendungen für ihr Gerät, von der Umweltüberwachung über die Katastrophenhilfe bis hin zur Erforschung des Weltalls.

«Roboter wie GOAT könnten mit minimalen Wahrnehmungs- und Planungssystemen schnell in unbekanntem Terrain eingesetzt werden und so die Herausforderungen der Umwelt in rechnerische Vorteile umwandeln», sagt Hughes, «Durch eine Kombination aus aktiver Rekonfiguration und passiver Anpassung könnte die nächste Generation nachgiebiger Roboter sogar die Vielseitigkeit der Natur übertreffen.»

Weitere Informationen

Referenzen

Max Polzin et al., Robotic locomotion through active and passive morphological adaptation in extreme outdoor environments.Sci. Robot.10,eadp6419(2025).DOI:10.1126/scirobotics.adp6419