Gammastrahlenmethode überwacht Kernreaktoren sicher und schnell
Die Überwachung von Kernreaktoren auf der ganzen Welt, um sicherzustellen, dass sie den internationalen Verträgen entsprechen, ist für die Sicherheit unerlässlich. Die derzeitigen Überwachungsmethoden sind zwar wirksam, doch sind sie oft mit invasiven Verfahren verbunden, die den Reaktorbetrieb stören oder Sicherheitsrisiken bergen können.
Hinzu kommt, dass sich die Nukleartechnologie ständig weiterentwickelt, was neue Herausforderungen für die nukleare Überwachung mit sich bringt. So sind beispielsweise kleine modulare Reaktoren (SMR) kompakt und werden oft an abgelegenen Standorten installiert, während herkömmliche Überwachungsmethoden in erster Linie für grössere Anlagen konzipiert sind und möglicherweise nicht ausreichend an die Funktionsweise von SMR angepasst werden können oder nicht empfindlich genug sind.
Nun hat ein Forschendenteam der EPFL und des Paul Scherrer Instituts (PSI) eine nicht-invasive und effizientere Technik zur Überwachung von Reaktoren mit Hilfe von Gammastrahlen entwickelt. In einer in Scientific Reports veröffentlichten Arbeit zeigen sie, dass Gammastrahlung – im Gegensatz zu Neutronensignalen, die bei herkömmlichen Überwachungsmethoden verwendet werden – genaue und zeitnahe Daten über die Kritikalität und Zusammensetzung von Reaktoren liefern kann, ohne dass ein physisches Eindringen in den Reaktorbehälter erforderlich ist.
Die Studie wurde von Oskari Pakari geleitet, einem Wissenschaftler des EPFL-Labors für Reaktorphysik und Systemverhalten und der PSI-Forschungsabteilung für Kernenergie und Sicherheit, die von Professor Andreas Pautz geleitet wird.
Für ihre neue Überwachungsmethode benutzten die Forschenden zwei Wismut-Germanat-Szintillatoren, die sie strategisch ausserhalb des CROCUS-Forschungsreaktors der EPFL positionierten, um die vom Betrieb des Reaktors ausgehende Gammastrahlung nicht-invasiv zu überwachen.
Gammastrahlung gehört zu den elektromagnetischen Strahlungen, die bei der Kernspaltung - dem Prozess im Inneren eines Kernreaktors – entstehen, und Gammastrahlen liefern Informationen über den Zustand des Reaktors, wie z. B. Änderungen der Kritikalität und der Zusammensetzung des Brennstoffs (z. B. Uran), ohne den Betrieb des Reaktors direkt zu stören.
Die neue Methode nutzt auch die statistische Analyse der Variabilität der Gammastrahlendetektion im Zeitverlauf. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden, die sich stark auf Neutronen stützen, konzentriert sich die Analyse des Gammarauschens auf die Schwankungen der Gammastrahlenzahlen, die mit den im Reaktor ablaufenden Spaltungskettenreaktionen korrelieren. Der Grad der Korrelation gibt Aufschluss über den Betriebszustand des Reaktors.
Schliesslich kann die Methode wichtige Daten innerhalb von Minuten liefern, was eine erhebliche Verbesserung gegenüber herkömmlichen Methoden darstellt, die in der Regel längere Messzeiten und eine grössere Nähe zum Reaktorkern erfordern. Stattdessen nutzt die Gammastrahlungsmethode rechnerische Hilfsmittel, um die zeitliche und räumliche Varianz der entdeckten Gammastrahlen zu analysieren, was eine schnelle und genaue Bewertung des Reaktorzustands ermöglicht.
Das Team testete seine Methode in ausgedehnten Experimenten und wies erfolgreich ihre Wirksamkeit in Entfernungen von bis zu mehreren Metern vom Reaktorkern nach. Die Überwachung der Gammastrahlung ermittelte prompte Zerfallskonstanten mit minimalen Fehlern, wodurch die Notwendigkeit eines direkten Kontakts mit dem Reaktorkern verringert wird, aber auch die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Datenerfassung verbessert wird.
Die neue Methode ermöglicht eine zuverlässige, nicht-invasive Überwachung verschiedener Arten von Kernreaktoren, einschliesslich SMRs. Sie könnte die nuklearen Sicherheitsprotokolle verändern, die Einhaltung internationaler Verträge erleichtern und möglicherweise auch in anderen Bereichen eingesetzt werden, die eine Strahlungsüberwachung ohne direkten Sensorkontakt erfordern.