Injizierbares Hydrogel zur lokalen Knochenverdichtung
Osteoporose ist eine Krankheit, bei der die Knochen schneller abgebaut werden, als sie aufgebaut werden, wodurch ihre Struktur im Laufe der Zeit allmählich geschwächt wird und es zu Knochenbrüchen kommt. Obwohl die Krankheit gut bekannt ist, betont Dominique Pioletti, Leiter des Labors für biomechanische Orthopädie an der EPFL Fakultät für Ingenieurwesen, dass die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Osteoporosefrakturen oft unterschätzt werden.
«Ohne wirksame Vorbeugungsmassnahmen erleiden etwa 40 % der Frauen über 50 Jahren mindestens eine schwere osteoporotische Fraktur, bei den Männern sind es etwa 20 %», sagt er, «ausserdem ist man sich der Schwere der Erkrankung oft nicht bewusst. Bei älteren Menschen haben Frakturen des Oberschenkelhalses in der Nähe der Hüfte eine Sterblichkeitsrate von 20 % im Jahr nach der Fraktur, und mehr als die Hälfte der Betroffenen ist nie mehr in der Lage, die Aktivitäten von vor der Fraktur wieder aufzunehmen.»
Auf die Diagnose Osteoporose folgt in der Regel eine Behandlung mit systemischen Medikamenten, die entweder die Resorptionsrate alter Knochen verringern (Antikatabolismus) oder die Produktion neuer Knochen ankurbeln (Anabolismus). Bei beiden Behandlungsarten kann es jedoch bis zu einem Jahr dauern, bis die Wirkung einsetzt, so dass die Patienten in der Zwischenzeit anfällig für Knochenbrüche sind.
Pioletti und seine Kolleginnen und Kollegen vom EPFL-Start-up flowbone haben ein injizierbares Hydrogel entwickelt, das die Knochendichte schnell und örtlich begrenzt erhöhen soll. In Zusammenarbeit mit Vincent Stadelmann von der Schulthess Klinik in Zürich hat das Team kürzlich über eine neuartige Therapie berichtet, die diese Hydrogel-Injektionen mit herkömmlichen systemischen Medikamenten kombiniert. Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Bone veröffentlicht wurden, zeigen eine vier- bis fünffache Zunahme der Knochendichte in den Beinen von Ratten mit Knochenschwund.
«In dieser Arbeit zeigen wir zum ersten Mal, dass eine kombinierte Therapie aus einem systemisch verabreichten Medikament und der lokalen Injektion unseres Hydrogels zu einer raschen Erhöhung der Knochendichte führt und damit die Prävention von Osteoporosefrakturen verändern könnte», sagt Pioletti.
Förderung des Aufbaus und Blockierung des Abbaus
Die meisten derzeitigen Osteoporose-Behandlungen sind systemisch, und die wenigen verfügbaren lokalen Behandlungen bestehen aus Pasten, die zu einer Art Zement aushärten. Das von der EPFL und flowbone entwickelte, leicht zu injizierende Hydrogel hingegen besteht aus Hyaluronsäure und Hydroxylapatit-Nanopartikeln und soll die natürlichen Mineralien des Knochens nachahmen.
Die Studienergebnisse zeigten, dass die alleinige Injektion des Hydrogels die lokale Knochendichte um das Zwei- bis Dreifache erhöhte, unabhängig von einer systemischen Therapie. Die stärkste Wirkung wurde jedoch bei Ratten beobachtet, die eine systemische Anabolika-Behandlung (Parathormon) und das Hydrogel in Kombination mit dem Antikatabolikum Zoledronat erhielten: An der Injektionsstelle stieg die Knochendichte in nur zwei bis vier Wochen um das 4,8-fache.
«Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass injizierbare Hydrogele mit lokaler Verabreichung von Antikatabolika eine systemische Antikatabolika-Behandlung oder eine knochenstärkende systemische Anabolika-Behandlung ergänzen können, indem sie die lokale Knochendichte rasch erhöhen», fasst Pioletti zusammen.
Er fügt hinzu, dass das Flowbone-Team nun auf die behördliche Genehmigung für eine klinische Studie an menschlichen Patienten wartet: «Wir hoffen, dass wir mit einer solchen Studie den Nutzen unseres Hydrogels in Fällen nachweisen können, in denen Patienten eine schnelle Knochenverdichtung benötigen, z. B. zur Unterstützung eines Implantats, bei dem der Knochen schwach ist. Auf diesen Erkenntnissen wollen wir aufbauen, um letztlich Therapien zur Verhinderung von osteoporosebedingten Knochenbrüchen zu entwickeln.»