«Google Earth auf Steroiden» gibt Stadtentwicklung einen Anschub
Vor zwei Monaten zog das EPFL-Spin-off Uzufly in The Garage ein, ein Gründerzentrum im EPFL Innovation Park, in dem Start-ups wachsen und expandieren können. Das junge Unternehmen hat eine Virtual-Reality-Technologie entwickelt, die es Stadtplanenden ermöglicht, ihre Entwicklungspläne zu kartieren und zu kommunizieren.
Das System von Uzufly verwendet Drohnen, um Luftaufnahmen zu machen, aus denen Tausende von Bildern entstehen, die in 3D-Modelle umgewandelt werden, indem digitale Zwillinge oder digitale Nachbildungen von realen Objekten erstellt werden. Bei diesen Objekten kann es sich zum Beispiel um Gebäude handeln, die zentimetergenau georeferenziert werden. Die 3D-Modelle des Unternehmens enthalten eine Vielzahl von städtebaulichen Daten und können jede Art von architektonischen Entwürfen in vollem Massstab darstellen.
© 2022 EPFL Alain Herzog, Romain Kirchhoff und Théo Benazzi, Mitgründer von Uzufly
Théo Benazzi, Mitbegründer und CTO von Uzufly, ist verantwortlich für die Erstellung dieser hochpräzisen digitalen Zwillinge: «Wir verwenden im Grunde die gleiche Technologie wie Google Earth, nämlich die Luftbildfotografie», sagt er, «aber während Google Flugzeuge einsetzt, um eine grosse Anzahl von Bildern in grosser Höhe zu machen, verwenden wir Drohnen, die kleinere Kameras haben und Bilder viel näher am Boden aufnehmen. Deshalb können wir 3D-Modelle auf der Ebene eines Viertels oder einer ganzen Stadt erstellen.»
Eine virtuelle Werkbank
Die digitalen Zwillinge von Uzufly können mit jeder Art von georeferenzierten Daten angereichert werden: Grundstücke, Bebauungsgebiete, städtebauliche Strukturen und sogar unterirdische Infrastrukturen wie Leitungen. So können beispielsweise Daten des Bundesamtes für Landestopografie hinzugefügt werden, um Informationen über die Solarstromkapazität einzelner Dächer direkt in der 3D-Modellierungsumgebung anzuzeigen.
© 2022 EPFL Uzuverse und seine zahlreichen auf der Plattform verfügbaren Daten
Mit all diesen Daten ist das System von Uzufly nichts weniger als eine virtuelle Werkbank für die Stadtplanung. Ein Architekturbüro könnte das System als Teil seiner Unternehmenssoftware installieren, das Gebiet, in dem es mit der Planung eines Gebäudes beauftragt wurde, herunterladen und mit dem Planungsprozess beginnen – ohne Vermessungsingenieure losschicken zu müssen, um die Lage des Geländes zu ermitteln.
«Stadtverwaltungen haben unser System genutzt, um festzustellen, wie weit ein bestehendes Gebäude erweitert werden kann, bevor es an die Grenzen der Bebauung stösst», sagt Romain Kirchhoff, Mitbegründer und CEO von Uzufly, und es hat auch Stadtplanerinnen geholfen, herauszufinden, wie ein neues Gebäude in eine bestimmte Nachbarschaft passen würde. Mit unserem System bekommen die Planer ein gutes Gefühl für Räume – viel besser, als wenn sie Pfähle in den Boden stecken würden. Das macht die Stadtplanung einfacher und verbessert die Entscheidungsfindung.»
© 2022 EPFL Alain Herzog, Romain Kirchhoff, CEO Mitgründer von Uzufly und Anne Bosshard, Gemeinde von Anières
Anne Bosshard, Leiterin des Amtes für Stadtplanung und Umwelt der Stadt Anières im Kanton Genf, suchte nach einer wirksamen Methode, um den Anwohnerinnen und Anwohnern im Rahmen der öffentlichen Anhörung die Pläne für eine Schulerweiterung zu erläutern. Sie war auch der Meinung, dass Blaupausen schwer zu verstehen sind und wollte eine greifbarere Methode. Die realistischen 3D-Bilder von Uzufly waren genau das Richtige.
«Mit dem Modell von Uzufly konnten sich die Leute ein besseres Bild von unserem Projekt machen», sagt Bosshard, «das galt auch für uns, denn es half uns, wichtige Entscheidungen zu treffen. Wir konnten zum Beispiel herauszoomen und so das gesamte Gebiet betrachten und sehen, wie sich eine Erweiterung, ein Neubau oder ein Renovierungsprojekt auf die bestehende Stadtlandschaft auswirken würde. Wir konnten sehen, wie sich das Projekt auf den betreffenden Raum auswirkt und ob der Blick auf die Alpen oder die Landschaft versperrt wird.»
Auch Videospielentwicklerinnen interessieren sich für die Technologie von Uzufly: «Was bei der Entwicklung von Videospielen derzeit viel Zeit in Anspruch nimmt, ist die Modellierung bestehender Umgebungen», sagt Kirchhoff, «mit unserem System könnten die Entwickler zum Beispiel eine Version von Assassin's Creed erstellen, die direkt in Lausanne spielt.»
Gemeinsame F&E mit der EPFL
Dank der Nähe zum Hauptcampus der EPFL konnte Uzufly gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit mehreren Labors der Hochschule durchführen. So arbeitet es beispielsweise mit Architekturstudierenden an der Verbesserung von 3D-Modellen von Gebäuden und mit dem Geodätischen Ingenieurlabor (TOPO) an der Kartierung einer Lawine durch die Erstellung eines 3D-Modells des Berghangs auf der Grundlage von Tausenden von Fotos.
© 2021 EPFL Kartografie einer Lawine
Uzufly hat auch ein neues Projekt mit dem Laboratorium der Künste der Wissenschaften (LAPIS) der EPFL und dem Schweizerischen Nationalfonds in Arbeit. Bis Herbst 2023 soll ein Modell eines ägyptischen Tempels erstellt werden, das in der Archäologie und Architekturforschung eingesetzt werden soll. Es könnte auch Augmented Reality einbeziehen, um die Bedeutung der Hieroglyphen zu entschlüsseln.