Zum Tag des Bodens: Wie Regenwürmer CO2 im Boden «entsorgen»
Regenwürmer sind die Baumeister des Bodens. Sie machen Nährstoffe verfügbar und versenken das Klimagas CO2 in Form von Laub in tiefen Bodenschichten. Ihr Wirken untersucht ein schweizerisch—deutsches Forschungsteam unter anderem in Rendzina-Böden, dem Boden des Jahres 2025. Diesen hat die Bodenkundliche Gesellschaft der Schweiz am Tag des Bodens, dem 5. Dezember, gekürt.
Die Rendzina, der Boden des Jahres 2025, ist typisch für Wälder und Wiesen im kalkhaltigen Jura. Heerscharen von Regenwürmern durchbohren und durchwühlen ihn, weshalb die Rendzina einen dünnen, aber humusreichen Oberboden hat. Das Wühlen der Würmer mobilisiert Nährstoffe für andere Lebewesen, und indem sie Laub in den Boden ziehen, lagern sie das Treibhausgas CO2 – das als Kohlenstoff in den Blättern eingebaut ist – im Bodenhumus ein. Diese wichtige Rolle der Würmer ist bedroht, denn der Klimawandel wird voraussichtlich häufigere und längere Trockenzeiten bringen. «Die Regenwürmer reagieren darauf empfindlicher als Pilze oder Mikroorganismen», erklärt Frank Hagedorn, Bodenforscher an der WSL.
Da sie im Verborgenen wirken, ist nur wenig darüber bekannt, wie die charismatischen Boden-Architekten den Waldboden und seine Kohlenstoffflüsse beeinflussen. Dem geht nun das schweizerisch-deutsche Forschungsprojekt Forest Floor nach. Für seine Doktorarbeit an der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL füllte Philipp de Jong Rendzina-Böden aus dem Schweizer Jura in Plastikröhren und setzte zwei Arten von Regenwürmern hinein. Diese fütterte er mit Laub, das mit Isotopen markiert war, und dessen Atomzusammensetzung (Isotope) sich somit von normalem Laub unterschied.
Würmer «entsorgen» CO2
Licht ins unterirdische Wirken der Regenwürmer brachte De Jong mit Röntgenaufnahmen der Plastikröhren. Die Würmer graben je nach Art entweder senkrecht oder waagrecht. Der weit verbreitete Tauwurm (Lumbricus terrestris) bildet senkrechte Gänge, zieht Laub in die Tiefe, frisst und verdaut es. Er bewohnt aber nur einen kleinen Teil des Bodens. Der waagrecht grabende, bläuliche Wurm Octolasion cyaneum hingegen wühlt sich durch den ganzen Bodenraum, frisst nur Erde, und dabei die Mikroorganismen, die darin leben. Beide Arten kommen in der Natur häufig gemeinsam vor. De Jong vermutet, dass sie in Gemeinschaft am meisten Kohlenstoff im Boden einlagern.
Um das zu prüfen, mass de Jong das von den Würmern und anderen Organismen im Boden produzierte CO2. Darin fand er die markierten Atome des Laubs wieder und konnte damit eine Nettobilanz des umgesetzten Kohlenstoffs errechnen. Die Ergebnisse zeigen, dass weniger des aus dem Laub stammenden Kohlenstoffs wieder in die Atmosphäre geht, wenn beide Wurmarten zusammenleben. Als Nächstes gilt es herauszufinden, wohin genau die Regenwürmer den Kohlenstoff verlagern, wie sie ihn vor dem weiteren Abbau schützen, und wieviel Kohlenstoff sie dadurch insgesamt im Boden einlagern. «Das ist wichtig, weil Böden mehr Kohlenstoff speichern als die oberirdisch lebende Biomasse, also die Pflanzen im Wald», sagt de Jong.
Steiniger Boden
Der Begriff Rendzina stammt aus dem Polnischen und beschreibt das Kratzen, das lose Steine beim Pflügen von Äckern erzeugen. Rendzina-Böden sind typisch für viele Regionen im Jura und den Kalkalpen. Das Besondere ist, dass sie viel Kohlenstoff speichern können, bis zu 400 Tonnen pro Hektar. Je nachdem, wie viel Wasser an einem Standort vorhanden ist, wachsen darauf Rotbuchen, verschiedene Eichenarten und Hainbuchen. Landwirtschaftlich ist darauf nicht viel zu holen, weshalb auf Rendzina ausserhalb des Waldes meist Viehweiden liegen. (Mehr zum Boden des Jahres: www.boden-des-jahres.ch)
Neues Paper: Der Globale Wandel beeinflusst Pflanzen und Bodenorganismen unterschiedlich
Eine neue Studie, veröffentlicht in Nature Communications, zeigt eine überraschende Entkopplung der Reaktionen von Pflanzen und Bodenlebewesen auf den Globalen Wandel: Während globale Umweltveränderungen typischerweise die Pflanzenbiomasse steigern, sinkt die Vielfalt der Pflanzenarten. Bodenorganismen hingegen reagieren uneinheitlich und weniger vorhersagbar. Diese nicht synchronen Reaktionen machen deutlich, dass Veränderungen in der oberirdischen Vegetation nicht direkt auf unterirdische Prozesse schliessen lassen.
Die Studie betont, wie wichtig es ist, sowohl ober- als auch unterirdische Ökosystemkomponenten in Umweltanalysen einzubeziehen. Ansätze, die sich nur auf sichtbare, oberirdische Prozesse konzentrieren, wie etwa bei der Analyse von Satellitendaten, könnten die Komplexität des gesamten Ökosystems nicht vollständig erfassen.
Die Forschenden analysierten über 13’000 Beobachtungen weltweit, um zu untersuchen, wie sich Faktoren wie Klimaerwärmung, erhöhte CO2-Werte, Stickstoffdeposition und veränderte Niederschlagsmuster auf Pflanzen und Bodenorganismen auswirken.
Publikation: Yu, Q., et al. (2024). Decoupled responses of plants and soil biota to global change across the world’s land ecosystems. Nature Communications, 15(1). doi.org/10.1038/s41467-024-54304-z