S-Acylierung verstärkt Infektion mit COVID-19
Die Entwicklung neuer pharmazeutischer Strategien gegen Virusinfektionen hängt entscheidend von unserem Verständnis der Strukturen und Vermehrungsmechanismen der beteiligten Erreger ab. Ein Forschendenteam der EPFL-Fakultät für Life Sciences hat eine bahnbrechende Studie über SARS-CoV-2 durchgeführt, die den Weg für neue antivirale Ziele ebnet. Die Arbeit wurde in der Zeitschrift Developmental Cell veröffentlicht.
«Wir wissen seit Jahrzehnten, dass die Membranproteine umhüllter Viren eine Lipidierung und insbesondere eine S-Acylierung – auch bekannt als Palmitoylierung – erfahren», sagt Professorin Gisou van der Goot, die die Studie leitete. Die S-Acylierung, auf die sich ihr Labor spezialisiert hat, ist eine der vielen chemischen Modifikationen, die Proteine in den Zellen erfahren und die ihnen helfen, ihre Funktionen zu erfüllen.
Die S-Acylierung wird von einer Enzymfamilie namens zDHHC-Acetyltransferasen durchgeführt, die Fettsäuren an Proteine an bestimmten Aminosäurestellen anlagern. Diese «Lipidanker» wirken wie An- und Ausschalter, die die Proteine auf mehreren Ebenen feinabstimmen: Funktion, Assoziation mit Membranen, Verteilung in den Zellen und Abbau.
Da dabei häufig die Fettsäure Palmitat beteiligt ist, wird die S-Acylierung oft als Palmitoylierung bezeichnet, die in der Biologie des Menschen eine wichtige Rolle spielt, z. B. bei der Kontrolle des Zellwachstums und der Zellvermehrung, der Weiterleitung neurologischer Signale oder der Auslösung spezifischer Immunreaktionen.
Zu den ersten Proteinen, die als Ziele der Palmitoylierung identifiziert wurden, gehörten die Fusionsproteine von Viren. Dazu gehören Spike, das die «Corona» von Coronaviren bildet, und das Hämagglutinin (H) von Grippeviren. Spike-Proteine stellen den ersten Kontakt zwischen dem Virus und der infizierten Zelle her und ermöglichen es dem Virus, durch Membranfusion in die Zelle einzudringen. Es ist wenig darüber bekannt, warum und wie solche Spike-Proteine palmitoyliert werden.
Die EPFL-Forschenden konzentrierten sich darauf, die Bedeutung der Palmitoylierung bei der SARS-CoV-2-Infektion zu verstehen. Was ihnen sofort auffiel, war die Anzahl der Palmitoylierungsstellen.
«Das Spike-Protein von SARS-CoV-2 ist tatsächlich das am stärksten palmitoylierte Protein, das bisher bekannt ist», sagt van der Goot, «es enthält zehn Palmitoylierungsstellen, und das innerhalb einer Sequenz von nur zwanzig Aminosäuren. Zum Vergleich: Membranproteine von Säugetieren haben im Allgemeinen nur zwei oder drei Stellen. Als Fachleute auf dem Gebiet der S-Acylierung wollten wir verstehen, warum ein Protein so viele Stellen benötigt und welchen Nutzen sie für das Virus haben.»
Das Team eignete sich rasch die Fähigkeiten an, in Hochsicherheitslabors mit gefährlichen Infektionserregern zu arbeiten, und arbeitete mit mehreren Labors der EPFL zusammen, indem es computergestützte, lipidomische, zellbiologische und biochemische Ansätze kombinierte.
Die Studie ergab, dass während der Infektion das Enzym ZDHHC20 Hauptverantwortlicher für die Modifikation von Spike ist, wobei die Palmitoylierung sehr schnell erfolgt, ein Schritt, der entscheidend ist, um Spike vor dem Abbau durch die Wirtszelle zu schützen.
Die Forschenden fanden anschliessend heraus, dass die Palmitoylierung von Spike auch die Lipidzusammensetzung und die Organisation der viralen Membranen bestimmt. Das Team stellte fest, dass Virionen oder virenähnliche Partikel, die ohne Palmitoylierung von Spike produziert werden, eine abnorme Membranzusammensetzung und -struktur aufweisen, was ihre Fähigkeit zur Fusion mit Wirtszellmembranen drastisch beeinträchtigt.
Die Autoren schlossen daraus, dass die S-Acylierung von Spike für die Bildung hochinfektiöser Viren entscheidend ist. Dementsprechend konnten die Forschenden zeigen, dass lipidmodifizierende Medikamente, die in die Palmitoylierung von Spike eingreifen, SARS-CoV-2 wirksam daran hindern, Zellen zu infizieren.
«Unsere Studie deutet darauf hin, dass S-acylierende Enzyme und Enzyme der Lipidbiosynthese neue antivirale therapeutische Ziele sind», sagt van der Goot. «Diese Erkenntnisse sind wahrscheinlich auch für andere umhüllte Viren wie Influenza und Herpes relevant.»