Den Ursprüngen des Lebens auf der Spur
Wie ist das Leben auf der Erde entstanden? Wie hat es sich entwickelt und verbreitet? Und gibt es Leben auch ausserhalb unseres Planeten? In vielen Disziplinen wurden in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht, um auf diese Fragen Antworten zu finden. So kennt man heute bereits über 5000 Exoplaneten – den ersten entdeckten die Schweizer Nobelpreisträger Michel Mayor und Didier Queloz vor rund 30 Jahren. Das James Webb Teleskop ermöglicht einen noch nie dagewesenen Blick in die Vergangenheit des Universums, aber auch in der Molekularbiologie und in anderen Lebenswissenschaften wurden wichtige Erkenntnisse gewonnen. Und doch sind sich an der ETH Zürich viele Forschende einig: Um den grossen Rätseln des Lebens endlich auf die Spur zu kommen, braucht es nun vor allem eines: Brücken zwischen den Disziplinen.
«Genau das ist unser Ziel», sagt Didier Queloz, der das neue Forschungszentrum zur Entstehung des Lebens, das heute an der ETH Zürich eröffnet wurde, leiten wird. Über 40 Forschungsgruppen aus fünf Departementen werden darin gemeinsam mit Kolleg:innen aus der ganzen Welt die Ursprünge des Lebens auf und ausserhalb der Erde erforschen.
Vier Forschungsschwerpunkte
Im Fokus stehen dabei vor allem vier Forschungsgebiete: 1. Welche chemischen und physikalischen Prozesse haben die Entstehung von lebendigen Organismen ermöglicht? 2. Auf welchen Planeten könnte es Leben geben? 3. Wie entsteht auf Planeten eine Umgebung, in der sich Leben dauerhaft etablieren kann? Und wie verändert dieses Leben die Eigenschaften der Planeten? 4. Welche sonstigen Formen von Leben könnte es noch geben?
Biologinnen, Chemiker, Erdwissenschaftlerinnen, Physikerinnen und Umweltsystemwissenschaftler werden diesen Fragen in interdisziplinären Projekten auf den Grund gehen. «Schon als ich nach meinem Amtsantritt vor vier Jahren verschiedene ETH-Departemente besucht habe, habe ich gemerkt, dass viele Forschungsgruppen eines gemeinsam haben: Den grossen Wunsch, die Ursprünge des Lebens zu ergründen. Dass dies nun in unserem neuen Zentrum möglich wird, freut mich ungemein», sagt ETH-Präsident Joël Mesot.
Neue Professuren, Lehr- und Fellowship-Programme
Neben zahlreichen Forschungskooperationen mit internationalen Institutionen sollen sechs neue Professuren und verschiedene Lehrprogramme geschaffen werden. «Beginnen werden wir aber erstmal mit der Lancierung von neuartigen Fellowship-Programmen», erklärt Didier Queloz.
Das NOMIS Foundation-ETH Fellowship Programm soll jungen Forschenden die Möglichkeit geben, in einer einzigartigen Umgebung den Ursprung des Lebens zu erforschen. «Um die grundlegenden Fragen der Menschheit zu beantworten, sind interdisziplinäre und kollaborative Ansätze sowie der Blick über den eigenen Tellerrand unerlässlich. Gerade für Nachwuchsforschende kann dies allerdings risikobehaftet bis unmöglich sein. Mit dem neuen NOMIS-ETH Fellowship-Programm wollen wir diese jungen Wissenschaftler:innen dabei unterstützen, ihr Netzwerk auszubauen und Brücken über die Grenzen der Disziplinen hinaus zu bauen», erklärt Markus Reinhard, Geschäftsführer der NOMIS-Stiftung.
Ab Oktober können sich junge Talente aus aller Welt für ein NOMIS-ETH-Stipendium bewerben, indem sie Projektvorschläge einreichen, die zu den Forschungsbereichen des Zentrums passen. Um die Interdisziplinarität zu fördern, werden die Stipendiaten gleichzeitig in zwei Forschungsgruppen angestellt sein. In den nächsten sechs Jahren werden neun Stipendien vergeben. Das Stipendienprogramm wird von der NOMIS-Stiftung durch eine Kooperations- und Finanzhilfevereinbarung mit der ETH in Höhe von 3,24 Millionen Schweizer Franken ermöglicht.
Organisation und Finanzierung
Finanziert wird das Zentrum ausserdem durch Mittel der Schulleitung, der beteiligten Departemente und Forschungsgruppen sowie dem Paul-Scherrer-Institut (PSI), mit dem eine wissenschaftliche Zusammenarbeit vereinbart wurde. Das Budget für die ersten sechs Jahre beträgt 9 Millionen Schweizer Franken. Damit das Zentrum sein volles Potenzial entfalten kann, ist weitere finanzielle Unterstützung durch Stiftungen und die Wirtschaft wichtig.
Angesiedelt wird das Zentrum sowohl auf dem ETH Campus im Zentrum als auch auf dem Hönggerberg. Neben Didier Queloz sind die ETH-Professor:innen Cara Magnabosco, Sascha Quanz und Roland Riek im Leitungsteam, das alle vier Jahre wechselt. Ausserdem ist aus jedem Departement ein:e Professor:in im sogenannten Science Steering Committee vertreten, das sich unter anderem der Forschungsstrategie widmen und das Leitungsteam beraten wird. Eine administrative Einheit, die sich unter anderem um die Finanzen und die Kommunikation kümmern wird, rundet die Organisation des neuen Zentrums ab.