Higgs, Hadronen, grosse Ideen: Cern-Experimente erhalten Breakthrough Prize
In Kürze
- Vier Forschungsteams, die am Cern mit dem Large Hadron Collider (LHC) arbeiten, haben einen mit drei Millionen Dollar dotierten Forschungspreis erhalten.
- Der mit drei Millionen Dollar dotierte Preis würdigt ihre bahnbrechenden Arbeiten am LHC, darunter präzise Messungen des Higgs-Bosons, die Entdeckung neuer Teilchen und Studien zur Materie-Antimaterie-Asymmetrie.
- Ab 2030 soll der LHC noch leistungsfähiger werden und tiefere Einblicke in die Struktur des Universums ermöglichen.
Der Breakthrough Prize in Fundamental Physics wurde 2012 geschaffen, um Personen zu ehren, die bedeutende Beiträge zum Verständnis der fundamentalen Gesetze des Universums geleistet haben. Mit einem Preisgeld von drei Millionen US-Dollar ist er der höchstdotierte Preis in der Physik.
Dieses Jahr würdigt die Auszeichnung die bahnbrechenden Arbeiten von vier grossen Kollaborationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in der zweiten Betriebsphase am Large Hadron Collider (LHC) bis Juli 2024 wertvolle Daten gesammelt haben.
«Ich freue mich sehr, dass ‘wir’ - die internationale LHC-Forschungscommunity des Cern -diesen Preis erhalten haben. Er bestätigt, dass dank internationaler Zusammenarbeit Grossartiges geleistet werden kann», sagt ETH-Rektor und Teilchenphysiker Günther Dissertori. Zusammen mit seinen ETH-Kolleginnen und Kollegen Felicitas Pauss, Christoph Grab, Annapaola de Cosa und Rainer Wallny war er an der Entwicklung und am Betrieb des Compact Muon Solenoid (CMS)-Teilchendetektors am LHC beteiligt und forscht noch immer damit.
«Dieser Preis zeigt eindrücklich, dass mit dem LHC sehr viel mehr Grundlagenforschung möglich ist, als ‘nur’ ein Elementarteilchen zu finden», ergänzt Rainer Wallny.
Auch Cern-Generaldirektorin Fabiola Gianotti lobte den Preis als «wunderschöne Anerkennung kollektiver wissenschaftlicher Exzellenz», wie das Cern in einer Medienmitteilung schreibt.
Die Begründung der Jury liest sich wie ein Kompendium moderner Teilchenphysik: Ausgezeichnet wurden «präzise Messungen der Eigenschaften des Higgs-Bosons, die den Mechanismus der Symmetriebrechung und damit die Entstehung von Masse bestätigen, die Entdeckung neuer stark wechselwirkender Teilchen, Untersuchungen seltener Prozesse und der Materie-Antimaterie-Asymmetrie sowie die Erforschung der Natur bei kürzesten Distanzen und extremsten Bedingungen am Cern».
Meilensteine der modernen Physik
Die Experimente ATLAS und CMS sind sogenannte Allzweckdetektoren, die das volle Spektrum physikalischer Fragestellungen des LHC abdecken. 2012 verkündeten die Kollaborationen, die diese Experimente durchführten, die Entdeckung des Higgs-Bosons – ein Meilenstein der Physikgeschichte, der ein Jahr später mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde. Allerdings ging der Preis nicht direkt an die LHC-Experimente ATLAS und CMS oder an das Cern selbst, sondern an die theoretischen Physiker François Englert und Peter Higgs.
Neben ATLAS und CMS gibt es zwei weitere Experimente am LHC: Das ALICE-Experiment widmet sich der Untersuchung des Quark-Gluon-Plasmas – einem extrem heissen und dichten Materiezustand, wie er unmittelbar nach dem Urknall herrschte. Das LHCb-Experiment wiederum beleuchtet die feinen Unterschiede zwischen Materie und Antimaterie und untersucht fundamentale Symmetrieverletzungen sowie neuartige, aus schweren und leichten Quarks zusammengesetzte Teilchen.
Preisgeld für den Nachwuchs
Nach Rücksprache mit den Leitungsteams der Experimente wird das mit drei Millionen US-Dollar dotierte Preisgeld der Cern & Society Foundation gestiftet. Damit sollen Stipendien für Doktorierende finanziert werden, die dadurch Forschungszeit am Cern verbringen können, mit dem Ziel, internationale Erfahrung zu sammeln und das Know-how in ihre Herkunftsländer zurückzutragen.
Die ausgezeichneten Experimente haben mit ihren exakten Analysen die Grenzen der Teilchenphysik neu definiert. Ab 2030 soll der LHC im Rahmen des High-Luminosity-Upgrades nochmals erheblich leistungsfähiger werden. Ziel: noch tiefere Einblicke in die Struktur des Universums und womöglich neue Entdeckungen am Horizont der Physik.
«Dieser Preis unterstreicht den Wert der Grundlagenforschung und ich erhoffe mir davon eine Signalwirkung für die Politik und die Gesellschaft. Der nächste entscheidende Schritt, um diese Forschung weiterzuführen, sollte der Teilchenbeschleuniger Future Circular Collider am Cern sein. Um das Projekt des weltgrössten Ringbeschleunigers zu realisieren, müssen alle Länder, die das Cern bisher unterstützt haben, zusammenspannen», sagt Wallny.