Von CO2 zu Acetaldehyd: auf dem Weg zu einer grüneren industriellen Chemie

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler





unter der Leitung der EPFL, der Universität Kopenhagen und der Universität Shanghai haben einen Kupferkatalysator entwickelt, der Kohlendioxid effizient in Acetaldehyd umwandeln kann, eine Schlüsselchemikalie für die Produktion. Der Durchbruch bietet eine grüne Alternative zu Verfahren, die auf fossilen Brennstoffen basieren.
Kupfer-Cluster-Katalysatoren auf Aktivkohle. Kredit: Cedric Koolen (EPFL)

Acetaldehyd ist eine lebenswichtige Chemikalie, die zur Herstellung von Parfüm bis hin zu Kunststoffen verwendet wird. Heutzutage wird zu seiner Herstellung hauptsächlich Ethylen, eine Petrochemikalie, verwendet. Doch zunehmende Umweltbedenken zwingen die chemische Industrie dazu, ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, weshalb Forschende nach umweltfreundlicheren Methoden zur Herstellung von Acetaldehyd suchen.

Derzeit wird Acetaldehyd durch das so genannte «Wacker-Verfahren» hergestellt, eine chemische Synthesemethode, bei der Ethylen aus Erdöl und Erdgas mit anderen Chemikalien wie starken Säuren, z. B. Salzsäure, verwendet wird. Das Wacker-Verfahren hat nicht nur einen grossen Kohlenstoff-Fussabdruck, sondern ist auch ressourcenintensiv und auf lange Sicht nicht nachhaltig.

Eine vielversprechende Lösung für dieses Problem ist die elektrochemische Reduktion von Kohlendioxid (CO2) zu nützlichen Produkten. Da CO2 ein Abfallprodukt ist, das zur globalen Erwärmung beiträgt, werden mit diesem Ansatz gleich zwei Umweltprobleme angegangen: Es werden CO2-Emissionen reduziert und wertvolle Chemikalien hergestellt.

Ein innovativer Katalysator für mehr Effizienz

Katalysatoren auf Kupferbasis haben sich für diese Umwandlung als potenziell geeignet erwiesen, aber bisher hatten sie mit einer geringen Selektivität zu kämpfen – was bedeutet, dass sie ein Gemisch von Produkten statt des gewünschten Acetaldehyds erzeugen.

Nun haben Wissenschaftlerinnen eines öffentlich-privaten Konsortiums unter der Leitung von Cedric David Koolen in der Gruppe von Andreas Züttel an der EPFL, Jack K. Pedersen an der Universität Kopenhagen und Wen Luo an der Universität Shanghai einen neuartigen Katalysator auf Kupferbasis entwickelt, der CO2 mit einer beeindruckenden Effizienz von 92 % selektiv in Acetaldehyd umwandeln kann.

Dieser Durchbruch, der in Nature Synthesis veröffentlicht wurde, bietet eine umweltfreundlichere und nachhaltigere Möglichkeit zur Herstellung von Acetaldehyd und könnte das Wacker-Verfahren ersetzen. Darüber hinaus ist der Katalysator skalierbar und kostengünstig, was die Tür für industrielle Anwendungen öffnet.

«Das Wacker-Verfahren hat sich in den letzten 60 Jahren praktisch nicht verändert. Es basiert immer noch auf der gleichen Grundchemie. Die Zeit war reif für einen grünen Durchbruch», sagt Koolen.

«Faszinierende Chemie»

Die Forscher begannen mit der Synthese winziger Cluster von Kupferpartikeln, die jeweils etwa 1,6 Nanometer groß sind, mit einer Methode namens Funkenablation. Bei dieser Technik werden Kupferelektroden in einer Inertgasumgebung verdampft, wodurch die Forschenden die Partikelgrösse genau kontrollieren konnten. Die Kupfercluster wurden dann auf Kohlenstoffträgern immobilisiert, um einen stabilen und wiederverwendbaren Katalysator zu schaffen.

Im Labor testete das Team die Leistung des Katalysators, indem es ihn in einer kontrollierten Umgebung eine Reihe von elektrochemischen Reaktionen mitCO2 durchlaufen ließ. Mit Hilfe eines Synchrotrons - einer Großanlage, die eine sehr helle Lichtquelle erzeugt - stellte das Team sicher, dass die Kupfercluster aktivCO2 in Acetaldehyd umwandelten, und zwar mit einer Technik namens Röntgenabsorptionsspektroskopie.

Die Ergebnisse waren bemerkenswert. Die Kupfercluster erreichten eine 92%ige Selektivität für Acetaldehyd bei einer relativ niedrigen Spannung, was für die Energieeffizienz entscheidend ist. In einem 30-stündigen Belastungstest zeigte der Katalysator eine hohe Stabilität und behielt seine Leistung über mehrere Zyklen hinweg bei. Die Forscher stellten außerdem fest, dass die Kupferpartikel während der gesamten Reaktion ihren metallischen Charakter beibehielten, was zur Langlebigkeit des Katalysators beiträgt.

«Was uns wirklich überraschte, war, dass das Kupfer metallisch blieb, selbst nach dem Entfernen des Potenzials und der Aussetzung an die Luft», sagt Co-Autor Wen Luo, «Kupfer oxidiert normalerweise wie verrückt, besonders so kleines Kupfer. Aber in unserem Fall bildete sich eine Oxidhülle um den Cluster, die den Kern vor weiterer Oxidation schützt. Und das erklärt die Wiederverwertbarkeit des Materials. Faszinierende Chemie.»

Der Schlüssel zum Erfolg

Warum hat der neue Katalysator so gut funktioniert? Computersimulationen haben gezeigt, dass die Kupfercluster eine spezifische Konfiguration von Atomen aufweisen, die die Bindung und Umwandlung von CO2-Molekülen in einer Weise fördert, die die Herstellung von Acetaldehyd gegenüber anderen möglichen Produkten wie Ethanol oder Methan begünstigt.

«Das Großartige an unserem Verfahren ist die Tatsache, dass es auf jedes andere Katalysatorsystem angewendet werden kann», sagt Co-Autor Jack K. Pedersen, «mit unserem Berechnungsrahmen können wir Cluster schnell auf vielversprechende Eigenschaften untersuchen. Ob es um die CO2-Reduktion oder die Wasserelektrolyse geht, mit der Funkenablation können wir das neue Material problemlos herstellen und direkt im Labor testen. Das ist viel schneller als der typische Test-Lern-Wiederholungs-Zyklus».

Der neue Kupferkatalysator ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer umweltfreundlicheren industriellen Chemie. In größerem Maßstab könnte er das Wacker-Verfahren ersetzen, wodurch der Bedarf an Petrochemikalien und die CO2-Emissionen sinken würden. Da Acetaldehyd ein Baustein für viele andere Chemikalien ist, hat diese Forschung das Potenzial, zahlreiche Industriezweige zu verändern, von der Pharmazie bis zur Landwirtschaft.

Mehr Informationen

Andere Mitwirkende

  • Empa Materialwissenschaft und Technologie
  • Universität Kopenhagen
  • VSPARTICLE
  • Paul Scherrer Institut, Schweiz
  • EPFL Institut für Umwelttechnik
  • Technische Universität Delft
  • Universität Shanghai

Finanzierung

  • Schweizerischer Nationalfonds für wissenschaftliche Forschung
  • EU-Horizont 2020
  • Dänische Nationale Forschungsstiftung
  • Paul Scherrer Institut Plattform Energiesystemintegration (ESI)

Referenzen

Koolen, C. D., Pedersen, J. K., Zijlstra, B., Winzely, M., Zhang, J., Pfeiffer, T. V., Vrijburg, W., Li, M., Agarwal, A., Akbari, Z., Kuddusi, Y., Herranz, J., Safonova, O. V., Schmidt-Ott, A., Luo, W., Züttel, A., Scalable synthesis of Cu cluster catalysts via spark ablation for the highly selective electrochemical conversion of CO2 to acetaldehyde, Nature Synthesis 03 January 2025