Andrea Rinaldo erhält «Wasser-Nobelpreis»
«Eine grosse Ehre und eine tiefe Dankbarkeit.» Mit diesen Worten kommentierte Andrea Rinaldo, seit 2008 Leiter des Labors für Ökohydrologie der EPFL sowie Professor an der ENAC-Fakultät der EPFL und an der Universität Padua, die Nachricht über die Auszeichnung mit dem Stockholmer Wasserpreis. Dieser Preis gilt als höchste Auszeichnung auf seinem Tätigkeitsgebiet und wird manchmal auch als «Wasser-Nobelpreis» bezeichnet.
Die Arbeiten, die er während seiner Laufbahn geleistet hat, haben es insbesondere ermöglicht, bei den hydrologischen und ökologischen Prozessen in den Einzugsgebieten von Flüssen ein wiederkehrendes Muster aufzuzeigen. Die Originalität seines Ansatzes besteht darin, dass er sich nicht damit begnügte, nur die Oberflächenphänomene zu beobachten, sondern sich auch für die unterirdische Zusammensetzung der Orte interessierte, an denen die Arme der Wasserläufe aufeinandertreffen.
Universelle «ökologische Korridore»
«Die Wasserströme haben seit jeher die Verbreitung von Leben bestimmt, sowohl auf der Ebene von Mikroorganismen und Wildtieren als auch der menschlichen Gesellschaften», erklärt er. «Die dendritische Struktur der Flussnetze, die sich in allen Landschaftskontexten und weltweit kohärent reproduziert, schafft ‹ökologische Korridore›, die diese Lebensbewegungen erklären.» Dank dieser Feststellung und der daraus resultierenden Formeln wird es möglich, die Ausbreitung invasiver Arten oder von Krankheitserregern innerhalb einer Region vorherzusagen, beispielsweise im Falle einer Choleraepidemie. Diese Informationen sind wertvoll, da sie es ermöglichen, Präventionsmassnahmen zu ergreifen, bevor die Bazillen grossen Schaden in der Bevölkerung anrichten.
Das Stockholm International Water Institute (SIWI), das diesen Preis jährlich verleiht, ehrt durch seinen Präsidenten Torgny Homgren einen Forscher, der «unser Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen dem hydrologischen Kreislauf, ökologischen Prozessen und der Landschaftsentwicklung erheblich verbessert hat. Seine Modelle haben uns äusserst wertvolle Instrumente geliefert, um das Leben durch fundierte Strategien und Methoden zu erhalten und zu schützen.»
Laut Martin Vetterli, Präsident der EPFL, ist dieser Preis die Anerkennung für «die herausragende Forschung von Andrea Rinaldo und zeigt, wie wichtig es ist, grundlegende biologische Phänomene wie beispielsweise die Ausbreitung von Krankheiten in der natürlichen Umwelt zu verstehen».
Andrea Rinaldo mit den Studierenden und Postdocs Paolo Benettin, Cristiano Trevisin and Filippo Miele. © EPFL / Fred Merz | Lundi13
Andrea Rinaldo wurde 1954 in Venedig geboren – einer Stadt, in der das allgegenwärtige Wasser seine Interessen beeinflusst hat. Er blickt mit über 300 Artikeln und zahlreichen Büchern, die von führenden wissenschaftlichen Verlagshäusern veröffentlicht wurden, auf eine bemerkenswerte akademische Karriere zurück. Darüber hinaus hat er unter anderem Projekt vor Ort in Haiti, in Burkina Faso und im Südsudan geleitet.
Er wird im August nach Stockholm reisen, um seinen Preis vom schwedischen König Carl XVI. Gustav entgegenzunehmen. «Es bewegt mich sehr, auf diese Weise in die Fussstapfen mehrerer Kollegen und Freunde zu treten, mit denen ich oft zusammengearbeitet habe und die vor mir diese Auszeichnung erhalten haben», fügt Andrea Rinaldo dazu an.