Analog und digital: zwei Welten in einem energieeffizienten System
Wir leben in einer analogen Welt mit einem kontinuierlichen Informationsfluss, der von unserem Gehirn gleichzeitig verarbeitet und gespeichert wird. Unsere Geräte verarbeiten die Informationen jedoch digital in Form eines diskreten Binärcodes und zerlegen sie in Bits. Forschende der EPFL Fakultät für Ingenieurwissenschaft haben eine bahnbrechende Technologie entwickelt, die das Potenzial einer kontinuierlichen analogen Verarbeitung mit der Präzision digitaler Geräte verbindet. Durch die nahtlose Integration von ultradünnen, zweidimensionalen Halbleitern mit ferroelektrischen Materialien zeigt die in Nature Electronics veröffentlichte Forschungsarbeit einen neuartigen Weg, um die Energieeffizienz zu verbessern und neue Funktionen in der Datenverarbeitung hinzuzufügen. Die neue Konfiguration verbindet traditionelle digitale Logik mit gehirnähnlichen analogen Operationen.
Schnellere und effizientere Elektronik
Bei der Innovation des Nanoelectronics Device Laboratory (Nanolab) in Zusammenarbeit mit dem Microsystems Laboratory geht es um eine einzigartige Kombination von Materialien, die zu vom Gehirn inspirierten Funktionen und fortschrittlichen elektronischen Schaltern führen, darunter der herausragende Tunnel-Feldeffekt-Transistor (TFET) mit negativer Kapazität. In der Welt der Elektronik kann ein Transistor oder «Schalter» mit einem Lichtschalter verglichen werden, der bestimmt, ob Strom fliesst (an) oder nicht (aus). Dies sind die berühmten 1en und 0en der binären Computersprache, und dieser einfache Vorgang des Ein- und Ausschaltens ist ein wesentlicher Bestandteil fast aller Funktionen unserer elektronischen Geräte, von der Verarbeitung von Informationen bis zur Speicherung von Daten. Der TFET ist eine besondere Art von Schalter, der mit Blick auf eine energiebewusste Zukunft entwickelt wurde. Im Gegensatz zu herkömmlichen Transistoren, die zum Einschalten eine bestimmte Mindestspannung benötigen, können TFETs mit deutlich niedrigeren Spannungen arbeiten. Dieses optimierte Design bedeutet, dass sie beim Schalten erheblich weniger Energie verbrauchen und damit den Gesamtstromverbrauch der Geräte, in die sie integriert sind, deutlich senken.
Professor Adrian Ionescu, Leiter des Nanolab, erklärte: «Unsere Bemühungen stellen einen bedeutenden Sprung nach vorn im Bereich der Elektronik dar, da sie bisherige Leistungsmassstäbe sprengen. Ein Beispiel dafür sind die herausragenden Fähigkeiten des Wolframdiselenid/Zinndiselenid-TFET mit negativer Kapazität und die Möglichkeit, mit derselben Technologie synaptische Neuronenfunktionen zu erzeugen.»
Sadegh Kamaei, Doktorand an der EPFL, hat zum ersten Mal das Potenzial von 2D-Halbleitern und ferroelektrischen Materialien in einem vollständig integrierten elektronischen System nutzbar gemacht. Die 2D-Halbleiter können für hocheffiziente digitale Prozessoren verwendet werden, während das ferroelektrische Material die Möglichkeit bietet, gleichzeitig Speicher zu verarbeiten und zu speichern. Die Kombination der beiden Materialien bietet die Möglichkeit, das Beste aus den digitalen und analogen Kapazitäten beider Materialien herauszuholen. Der Lichtschalter aus unserer obigen Analogie ist nun nicht nur energieeffizienter, sondern das Licht, das er einschaltet, kann auch noch heller brennen. Kamaei fügte hinzu: «Die Arbeit mit 2D-Halbleitern und deren Integration mit ferroelektrischen Materialien war eine grosse Herausforderung, aber auch sehr lohnend. Die potenziellen Anwendungen unserer Ergebnisse könnten die Art und Weise, wie wir elektronische Geräte in Zukunft betrachten und mit ihnen umgehen, neu definieren.»
Verschmelzung traditioneller Logik mit neuromorphen Schaltungen
Darüber hinaus befasst sich die Forschung mit der Schaffung von Schaltern, die biologischen Synapsen – den komplizierten Verbindungen zwischen Gehirnzellen – ähneln, für das neuromorphe Computing. «Die Forschung markiert die allererste gemeinsame Integration von von-Neumann-Logikschaltungen und neuromorphen Funktionalitäten, die einen aufregenden Weg zur Schaffung innovativer Computing-Architekturen aufzeigt, die sich durch einen aussergewöhnlich niedrigen Stromverbrauch und bisher unerforschte Möglichkeiten zum Aufbau neuromorpher Funktionen in Kombination mit digitaler Informationsverarbeitung auszeichnen», fügt Ionescu hinzu.
Solche Fortschritte deuten auf elektronische Geräte hin, die parallel zum menschlichen Gehirn arbeiten und die Rechengeschwindigkeit mit der Verarbeitung von Informationen in einer Weise verbinden, die der menschlichen Kognition eher entspricht. So könnten neuromorphe Systeme beispielsweise Aufgaben bewältigen, mit denen herkömmliche Computer Schwierigkeiten haben, wie etwa Mustererkennung, Verarbeitung sensorischer Daten oder sogar bestimmte Arten des Lernens. Diese Verschmelzung von traditioneller Logik mit neuromorphen Schaltkreisen deutet auf einen transformativen Wandel mit weitreichenden Auswirkungen hin. Die Zukunft könnte Geräte hervorbringen, die nicht nur intelligenter und schneller, sondern auch exponentiell energieeffizienter sind.