Die Abwasserreinigung auf Berghütten fairer beurteilen
Der sparsame Umgang mit Wasser beim Duschen, auf dem WC und in der Küche ist auf Berghütten seit je selbstverständlich. Mit dem Klimawandel verschärft sich der Wassermangel in den Bergen noch. Berghütten sind daher in der Schweiz Vorreiterinnen bei wassersparenden Sanitärsystemen und Trockentoiletten, wodurch das Abwasser weniger verdünnt wird. Die Konzentrationen an organischen Verbindungen und Stickstoff können als Folge davon um ein Mehrfaches höher sein als im Abwasser von kommunalen Kläranlagen. Dazu kommt, dass die anfallende Abwassermenge stark schwankt, denn die Anzahl der Gäste hängt von Saison, Wetter und Wochentag ab. Das sind schwierige Rahmenbedingungen für die Kleinkläranlagen, in denen üblicherweise das Abwasser der Hütten mechanisch und biologisch gereinigt wird. Oft müssen diese zudem auch ohne Strom funktionieren, wenn die Hütte keine ausreichende Stromversorgung hat.
Reinigungsleistung wird derzeit nicht korrekt abgebildet
Welche Reinigungsleistung die Kleinkläranlagen erreichen müssen, legen die kantonalen Behörden meist basierend auf dem VSA-Leitfaden für ländliche Gebiete fest. Dieser Leitfaden gibt unter anderem Grenzwerte für die Konzentration an organischen Verbindungen (gemessen als chemischer Sauerstoffbedarf CSB) und Stickstoff im gereinigten Abwasser vor. Da die Konzentration dieser Stoffe im Hüttenabwasser jedoch deutlich höher sein kann als in kommunalem Abwasser, muss ein grösserer, prozentualer Anteil entfernt werden, um die Grenzwerte zu erreichen. «Das bedeutet, dass derjenige, der Wasser spart und folglich weniger Wasser verschmutzt, im Gegenzug unverhältnismässig viel in die Abwasserreinigung investieren muss – und selbst dann ist die Einhaltung der Grenzwerte nicht immer technisch möglich», schreiben Chiara Lauber und Lukas Ulrich vom ehemaligen Eawag Spin-off Vuna sowie Kai Udert, Gruppenleiter in der Abteilung Verfahrenstechnik des Wasserforschungsinstituts Eawag, in ihrem kürzlich erschienen Beitrag in der Zeitschrift Aqua & Gas. Da das heutige Bewertungssystem die Reinigungsleistung der Kleinkläranlagen auf Berghütten nicht korrekt abbilde, schlagen sie einen alternativen Ansatz vor, der die Reduktion der Stofffrachten beurteilt.
Reduktion von Frachten statt von Konzentrationen bestimmen
Die Bestimmung dieser Frachten ist allerdings schwierig, weil dafür neben der Stoffkonzentration das Abwasservolumen bekannt sein muss. Dieses schwankt aber in Berghütten je nach Gästeaufkommen stark und ist daher nur mit viel Aufwand messbar. Die Forschenden empfehlen daher die Nutzung eines Tracers, das heisst einer Substanz, die von der Abwasserreinigung nicht beeinflusst wird. Als am besten geeigneten Tracer schlagen sie Kalium vor, das in allen Bestandteilen des Abwassers – Urin, Kot und dem aus Dusche, Lavabo und Küche stammenden Grauwasser – enthalten ist. Das typische Verhältnis von Stickstoff zu Kalium bzw. organischer Substanz zu Kalium im Abwasser lässt sich für die jeweilige Hütte bestimmen und hängt von der Art der eingesetzten Toilette sowie der Kaliumkonzentration im genutzten Trinkwasser ab. Mit der Messung von Stickstoff, organischer Substanz und Kalium im gereinigten Abwasser, lässt sich dann die Veränderung dieses Verhältnisses bestimmen und damit berechnen, welcher Anteil der organischen Substanz bzw. des Stickstoffs durch die Abwasserreinigung entfernt wurden.
Dieses neue Verfahren wird derzeit durch Messungen in mehreren Berghütten validiert. Ob es anschliessend für die Planung und Genehmigung von Kleinkläranlagen auf Berghütten zugelassen wird, liegt jedoch in der Verantwortung der kantonalen Behörden.
Die Tracer-Methode am Beispiel der Chamanna Cluozza
Die Chamanna Cluozza im schweizerischen Nationalpark ist mit Spültoiletten ausgestattet. Für das Verhältnis von organischer Substanz (ausgedrückt als Chemischer Sauerstoffbedarf CSB) zu Kalium (K) im Abwasser berechneten die Forschenden ein Verhältnis CSB/K von 30. Im gereinigten Abwasser wurde in mehreren zwischen Juli und Oktober 2024 entnommenen Proben ein CSB/K-Verhältnis von 1.6 gemessen. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Reinigungsleistung von 95%. Da für dieses Beispiel die Hintergrundkonzentration von Kalium im Trink- und Brauchwasser vernachlässigt wurde, ist der Wert in der Realität etwas tiefer. Er ist trotzdem deutlich höher als die Reinigungsleistung von 80%, welche die Gewässerschutzverordnung für Kläranlagen für weniger als 10 000 Personen vorschreibt.